Friedrich Matthäi, Die Ermordung des Aegisth, 1803
© Albertinum | GNM, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut

Focus Albertinum: Historien

In der Kunstgeschichte war die Historienmalerei für Jahrhunderte die wichtigste künstlerische Form: Szenen aus den Bereichen der Geschichte, der antiken Mythologie, biblischer Erzählungen und Heiligenlegenden wie auch literarische Stoffe wurden - oft in großformatigen Gemälden - angepasst an das jeweilige Weltbild der Epoche dargestellt. Die Historienmalerei diente der Selbstvergewisserung in Politik und Gesellschaft. Sie vermittelte die Ideologie der Herrschenden oder ihrer Gegner. Das drückt sich auch im Wandel des Stils aus, vom Klassizismus über den Realismus hin zu einer Heroisierung in akademischem Stil ab der Mitte des 19. Jahrhunderts.

 

  • Laufzeit 30.09.2020—17.10.2021

Bild

© Albertinum | GNM, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut
Heinrich Hofmann, Der Jesusknabe im Tempel, um 1880 Öl auf Leinwand, 152 x 204 cm

Historiengemälde

Aus heutiger Sicht wird die in vielen der dargestellten Themen und Motive vermittelte Geschichtsauffassung anders bewertet als zur Entstehungszeit der Bilder. Das gilt beispielsweise für die Rolle von Kolumbus bei der „Eroberung“ des amerikanischen Kontinents (Julius Röting: „Columbus vor dem geistlichen Rate zu Salamanca“, 1851). Oder sie bedienen Stereotypen im Konflikt zwischen Judentum und Christentum (Heinrich Hofmann: „Der Jesusknabe im Tempel“, um 1880).

Frauen auf Historiengemälden (Königin Christine und ihr Stallmeister)

Auffällig ist auch das Fehlen von Frauen auf den meisten Historiengemälden. Wenn sie erscheinen, wie beispielsweise in Friedrich Matthäis „Die Ermordung des Ägisth“ (1805/1806), dann als zweitrangige Figuren oder Opfer. Eine Ausnahme bildet das Gemälde „Königin Christine und ihr Stallmeister“ von Ferdinand von Rayski. Hier ist die Hauptfigur die schwedische Königin. Sie wurde wegen ihrer politischen Stellung, ihres Interesses für die Wissenschaft und auch als unabhängig agierende Frau in der Geschichte geschätzt. Allerdings steht im Zentrum des Gemäldes eine Geschichte enttäuschter Liebe, wodurch die geschichtliche Bedeutung der Königin relativiert wird.

Ferdinand von Rayski, Königin Christine und ihr Stallmeister, 1835
© Albertinum | GNM, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut
Ferdinand von Rayski, Königin Christine und ihr Stallmeister, 1835 Öl auf Leinwand, 49 x 60,5 cm

Historienmalerei

Die Historienmalerei stand im akademischen Kanon der Malerei an der Spitze, da sie vom Künstler forderte, dass er alle Sujets gut beherrscht: angefangen bei einer anatomischen richtigen Menschen- und Tierdarstellung, über die perspektivische Konstruktion des Raumes und die überzeugende Gruppierung der Figuren, bis hin zur wissenschaftlichen Forschung zu historischen Details des Geschehens sowie einer vertieften Kenntnis der Kleidung und Raumausstattung der jeweiligen Zeit.

Ermordung des Ägisth

Mit groß angelegten Kompositionen gelang es einigen Künstlern, sich gleich zu Beginn ihrer Karriere zu profilieren. So malte Friedrich Matthäi „Die Ermordung des Ägisth“ (1805/1806) während seines Studienaufenthalts in Florenz. Er platzierte das großformatige Gemälde auf Ausstellungen in Dresden, sodass es große Beachtung fand, sodass er in der Folge eine Professur erhielt. Matthäi orientierte sich einerseits am Geschmack des Klassizismus und verband ihn mit einer Darstellung von Schrecken und Gewalt im Sinne der „Terribilità“, einer kontroversen Kategorie der künstlerischen Ästhetik seit der Renaissance.

Friedrich Matthäi, Die Ermordung des Aegisth, 1803
© Albertinum | GNM, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut
Friedrich Matthäi, Die Ermordung des Aegisth, 1803 Öl auf Leinwand, 158 x 239 cm

Columbus vor dem geistigen Rat zu Salamanca

Auch Julius Rötings „Columbus vor dem geistigen Rat zu Salamanca“ war ein Erstlingswerk. Bei der Ausstellung der Dresdner Akademie 1852 zog es viel Aufmerksamkeit auf sich und wurde durch die Lindenau-Stiftung für die Gemälde-Galerie angekauft. Ausdrückliches Ziel dieser Stiftung war es, Historienbilder einheimischer Künstler zu erwerben.

Opfertod des Kodrus

Zum Teil sind die historischen Themen unmittelbar mit der Zeitgeschichte verbunden. Matthäis „Opfertod des Kodrus“(1823) wurde von der Ständeversammlung der Niederlausitz in Auftrag gegeben. Dieser Zusammenschluss privilegierter Bevölkerungsgruppen war im 16. Jahrhundert gegründet worden. Mit dem Gemälde, das die Opferbereitschaft eines Herrschers für den Staat heroisiert, sollte der Adlige Ernst von Houwald (1778–1845) geehrt werden, der in den kriegerischen und politischen Konflikten dieser Zeit seine Heimat verteidigt hatte.

Friedrich Matthäi, Der Opfertod des Kodrus, 1823
© Albertinum | GNM, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Foto: Elke Estel/Hans-Peter Klut
Friedrich Matthäi, Der Opfertod des Kodrus, 1823 Öl auf Leinwand, 37 x 52 cm

zentrale Themen Historienbilder

Zentrales Thema von Historienbildern war immer wieder die Frage nach der Macht in Auseinandersetzungen zwischen Männern, bis ins 20. Jahrhundert insbesondere der Konflikt zwischen weltlicher und kirchlicher Macht. In der Gegenwartskunst seit Ende des 20. Jahrhunderts gibt es eine kritische Haltung zum Geschichtsbild in der Kunst, beispielsweise im Werk von A. R. Penck, Gerhard Richter oder Katharina Sieverding. Aber in populären Medien, im kommerziellen Film und bei Computerspielen, werden die eindrucksvollen Bildwelten mit ihren großen Gesten unhinterfragt weiter entwickelt.

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